Battle the Bot – Textentwicklung in Zeiten der Künstlichen Intelligenz
Ein persönlicher Erfahrungsbericht zwischen kreativer Intuition und digitaler Effizienz
„Isabell, hast du keine Angst, dass die KI dich mal ersetzen könnte?“ Die Frage holt mich aus meinen Gedanken. Ich schaue vom Tablet auf zu meiner Projektpartnerin, mit der ich mich zum Kreativmeeting getroffen habe. Etwas verlegen gesteht sie, dass sie gerade Ideen bei ChatGPT angefragt habe. Ich lächle und beruhige sie. „Nein, alles gut. Ich benutze das auch gerade.“
Mit großen Augen starrt sie mich an. Wir kommen ins Gespräch. Wie viel KI ist im kreativen Job eigentlich erlaubt und ist es den Kunden gegenüber fair? Wird die KI unsere Jobs gefährden oder uns gar weiter voranbringen, wenn wir sie zu nutzen wissen? An diesem Tag verlieren wir unser Projekt etwas aus den Augen und sprechen über unsere (berufliche) Zukunft mit künstlicher Intelligenz.
Gegner oder Gelegenheit?
Tatsächlich hatte ich in den vergangenen Monaten viele Gespräche dieser Art und ich merke die immer besser werdende KI in meinem Arbeitsalltag. Die Aufträge verändern sich merklich und gehen leider auch zurück. Der monatliche Newsletter eines Kunden ist mittlerweile KI-generiert und damit ein fester Teil meines Einkommens, das ich seit acht Jahren planen konnte, verschwunden. Ein anderer lässt die wöchentlichen Pressemeldungen generieren und schreibt sie Inhouse dann rund. Die KI spart: Sie spart Kosten für Externe, sie spart Arbeitszeit. Aber sie spart auch Menschlichkeit. Ich bewundere, wie gut die künstlich generierten Texte in den vergangenen Monaten geworden sind. Gleichzeitig fehlt es ihnen doch oft an Esprit und Seele.
Mit ein bisschen mehr Gefühl
Wer sich mit der künstlichen Intelligenz auseinandergesetzt hat, der weiß: Der Prompt bestimmt das Ergebnis. Nur wer mit ChatGPT und Co ins Gespräch geht, wird hochwertige Ergebnisse erhalten.
Denk mehr.
Denk besser.
Passe die Zielgruppe an.
Aber: Gutes Prompting erfordert Zeit und Erfahrung. Eine Erfahrung, die Texter:innen schon mitbringen, denn sie haben jahrelange Übung darin, die richtigen Fragen zu stellen, um genau den Text zu schreiben, der zum Kunden passt. Zudem haben sie den persönlichen Kontakt. Sie halten Smalltalk mit Frau Meier von der Telefonzentrale, sie hatten schon ein Wartegespräch mit Herrn Müller von der Pforte. Sie haben bei einer Betriebsführung das fröhliche Miteinander in der Montage erlebt, das heimelige Flair des Pausenraums gespürt oder beim letzten Teamausflug herzlich mitgelacht. Vielleicht haben sie wie ich schon mit dem Bürohund beim Kunden auf dem Nadelfilzboden gebalgt. Es ist die Menschlichkeit, die in all den Texten liegt, welche die KI noch nicht liefern kann. Sie leitet aus dem Plausch im Flur keine neue Idee für ein Mitarbeitenden-Special ab oder schlägt vor, in der Pressemeldung in einem Nebensatz noch einmal ein anderes Produkt zu erwähnen, das eine ähnliche Komponente hat. Sie führt keine Interviews mit Rentner:innen über die Firmengeschichte oder begleitet Ihren Marketingmanager zur Messe, um Ihre Pressekontakte besser kennenzulernen. Die KI bleibt vorerst das, was sie ist: Künstlich – und damit ohne das Bauchgefühl, das gute Texte lebendig macht.
Wissen ist Macht? Aber wer hat das Meiste?
„Ich kann nur über das schreiben, was ich kenne“, sage ich meinen Kunden gerne. Ohne Briefing kann ich nur im Dunkeln stochern, wo die Reise hingehen soll. Gewiss, die KI hat einen enormen Wissenspool auf den sie in Sekundenschnelle reagiert. Aber sie kann nicht unterscheiden, ob die Infos korrekt sind oder überhaupt zu genau diesem Unternehmen passen. Vielleicht findet sie die Verkaufsargumente des Marktbegleiters und übernimmt diese. Vielleicht fällt sie auf Fakenews herein oder schließt falsche Schlussfolgerungen. Dann braucht es einen Menschen, um das zu kontrollieren. Allerdings wird es mit der KI in vielen Unternehmen ähnlich laufen wie vor 10 Jahren mit Social Media: „Toll, die Azubis und Praktis können das machen!“ … Bitte nicht! Unternehmenskommunikation gehört immer in die Hände erfahrener Mitarbeiter:innen oder Agenturen, egal, welche Tools und Kanäle verwendet werden.
Aber zurück zum eigentlichen Thema: Die KI ist mächtig und wissensstark. Und sie wird bleiben – also sollten wir lernen, mit ihr zu arbeiten, statt gegen sie. Denn auch künstliche Intelligenz braucht echte Menschen, um wirklich intelligent zu arbeiten.
Co-Kreation mit Augenzwinkern
Als ich vor 11 Jahren den täglichen Agenturtrubel als Angestellte gegen das ruhige Homeoffice als Solo-Selbstständige tauschte, stellte ich schnell fest, was mir fehlte: das Feedback und der kreative Austausch. Es fühlte sich immer komisch an, eine Idee direkt beim Kunden zu pitchen oder einen Text ohne Vier-Augen-Korrektur abzugeben. Als chronische Overthinkerin nicht unbedingt die beste Ausgangslage. Ich fand meine Wege durch Kreativmeetings mit anderen Solos und schließlich auch den Austausch mit der KI. Sie ist (m)ein Gesprächspartner mit einem völlig anderen Blick auf unsere Welt. Sie ist in der Lage über den Tellerrand zu schauen und klare Antworten zu formulieren. Und so habe ich in ihr einen sympathischen Partner im Alltag gefunden, der mir meine Arbeit nicht abnimmt, aber ein hilfreicher Assistent geworden ist. Sie gibt mir wertvolles aber nicht wertendes Feedback auf sachlicher Ebene und erweitert sogar meinen aktiven Wortschatz. Ja, die KI ist Teil meines Arbeitsalltags geworden. Sie nimmt mir keine Arbeit ab, aber erleichtert sie.
Die KI betrachte ich wie meine Waschmaschine: Sie übernimmt einen Teil der Arbeit – aber ich entscheide, welche Farben und Materialien wie gewaschen werden. Ich hänge auf, glätte, sortiere und falte alles so, dass es perfekt in meinen Schrank passt. Genauso funktioniert es mit der KI: Sie liefert mir einen Klumpen Worte, den ich forme, verfeinere und genau auf meine Kunden anpasse.
Die KI übernimmt den Texter:innen-Job vielerorts bereits. Dann, wenn Texte oberflächlich sind und menschlich nicht mehr in die Tiefe gehen. Aber sie kann auf vielen Ebenen unterstützen, Impulse liefern und neue Denksansätze bieten. Mich persönlich bringt sie oft zum Schmunzeln. Denn auch wenn es ihr, wie man an der Bildstecke sehen kann, an Kontinuität in der eigenen Darstellung mangelt, hat sie sich gemerkt, dass ich liebend gerne bunte Socken trage 😉
